Wie geht es dir wirklich?

Es ist die wohl die am häufigsten gestellte Frage in unserem Alltag. Aber die wenigsten sind wirklich ehrlich mit ihrer Antwort. „Wie geht es dir?“ eröffnet den Small Talk. Ob bei flüchtig Bekannten, die man nur alle paar Monate sieht oder bei Personen, die einem persönlich nahestehen. Man meint es ja schließlich gut und möchte wissen, wie es dem Gegenüber geht. Aber ist die Frage ein Alibi oder ist man bereit, zuzuhören, wie auch immer die Antwort lautet?  

Der Alltag kann belastend sein. Viele Bereiche müssen gleichzeitig geschaukelt werden. Studieren, die Karriere, Familie und Freund:innen – die mentale Gesundheit bleibt dabei oft auf der Strecke. Auf die Frage „Wie geht es dir?“ antworten viele deswegen ausweichend oder nicht ehrlich. Schließlich möchte man nicht auch andere mit den eigenen Problemen belasten. So kann sich ein wahrer Teufelskreis bilden. Das eigene Unwohlsein wird heruntergespielt, klein gemacht. Während man eine Fassade nach außen hin aufrechterhält, wird der Leidensdruck stärker.  

Aber gerade das Reden mit anderen Personen kann eine Last von den Schultern nehmen. Denn: Obwohl auch die anderen vielleicht ausweichend antworten, können sie im Alltag mit ganz ähnlichen Dingen hadern. Fasst du den Entschluss, einmal ehrlich und offen auf die Frage zu antworten, fühlen die anderen sich vielleicht ermutigt, dasselbe zu tun. Den ersten Schritt zu machen, zahlt sich aus. So kannst du dir ein Sicherheitsnetz aus Personen spannen, denen du vertraust, sodass diese dich in schwierigen Zeiten auffangen können.  

Und jetzt zu einem wirklich ernsten Thema: der psychischen und mentalen Gesundheit. Bei einer 2022 durchgeführten Studie hat die Studierenden-Plattform Studo über 8.000 Student:innen aus Österreich und Deutschland befragt, wie es um ihre psychische Gesundheit steht. Das Ergebnis sollte ein Weckruf sein. Jede:r Zweite stuft die eigene mentale Gesundheit als nicht gut bis schlecht ein. Als Belastungsfaktoren wurden der neben Studium und Job auch aktuelle Geschehnisse, die Teuerung sowie die generelle finanzielle Situation genannt. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2021 hat sich die Lebensqualität wieder deutlich gebessert. Das liegt unter anderem an den aufgehobenen Maßnahmen rund um die Covid19-Pandemie. Details zur Studie findest du hier

Man sieht: Mit Überforderung und Unwohlsein ist man nicht alleine. In der Studie wurde auch erhoben, dass 86% der Befragten professionelle Hilfe in Anspruch nehmen würden. Leider spielen auch hier Faktoren wir verfügbare Plätze bei Psycholog:innen, Coaches und Psychotherapeut:innen sowie die Finanzierung eine wesentliche Rolle. Nicht alle professionellen Unterstützungsangebote werden von der Krankenkasse übernommen, Wartelisten sind oft lange und die Plätze schnell besetzt. Der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie bietet jedoch eine Anlaufstelle, bei der man sich genauer über das bestehende Angebot informieren kann 

Studierende haben auch die Möglichkeit, sich bei psychischen Belastungen an die Psychologische Studierendenberatung zu wenden. Neben der Persönlichkeitsentfaltung geht es hier auch stark um studienbezogene Herausforderungen und wie man diese bewältigt. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu betonen, dass der Ruf nach Hilfe ein wichtiger Schritt ist und nicht mit Scham behaftet sein sollte. Ein ständiges Überspielen der eigenen Probleme ist weder gut für dich, noch für dein Umfeld. Sich Hilfe zu suchen, erfordert Mut und zeugt von Stärke und emotionaler Reife.  

Kommen wir wieder zu der Anfangsfrage zurück. „Wie geht es dir?“ – so banal es auch klingen mag, kann sie dir die Türen zu ehrlichen Gesprächen öffnen. Denn oft ist es schon bereichernd, den Frust abzuladen. Das kann bei Freund:innen, bei Eltern oder Studienkolleg:innen sein. Es ist ganz normal, sich mit den Herausforderungen des Studierenden-Alltags überfordert zu fühlen. Bei vielen kommt eine Doppelbelastung durch Beruf und Studium hinzu. Ein offenes Gespräch mit Freund:innen ersetzt zwar keine professionelle Hilfe, kann aber ein erster Schritt in Richtung Wohlbefinden und Ausgeglichenheit sein. Also anstelle der ausweichenden Standard-Antwort „Danke, ganz gut, und dir?“, könntest du beim nächsten Mal eine andere Richtung einschlagen. Zum Beispiel „Ach, wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich gerade nicht so wohl…“.