Während KI-gestützte Tools und Technologien viele Chancen für unser Studium und Arbeitsleben bieten, bringen sie auch Gefahren mit sich, die unser Lern- und Arbeitsumfeld grundlegend verändern könnten. Vom Verlust menschlicher Kreativität bis zur bedrohlichen Automatisierung von Jobs: Künstliche Intelligenz ist längst keine ferne Zukunftsvision mehr, sondern Realität. Doch welche Schattenseiten birgt sie wirklich?
Die Tatsache, dass Maschinen uns das Leben erleichtern, ist uns allen nicht neu. Doch mit der rasanten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) stehen Universitäten und Unternehmen vor einem Wendepunkt, der nicht nur Erleichterung, sondern auch Bedrohung mit sich bringt. KI hat längst den Weg in Vorlesungssäle und Büros gefunden – sei es durch automatisierte Lernplattformen, die Prüfungen bewerten, oder durch intelligente Systeme, die alltägliche Arbeitsprozesse übernehmen. Nervige Arbeiten können so schnell und einfach an die KI abgegeben werden. Was im ersten Moment wie eine riesen Erleichterung klingt, könnte sich jedoch als zweischneidiges Schwert entpuppen. Denn die Gefahr, dass KI den menschlichen Einfluss verdrängt und ethische sowie soziale Herausforderungen hervorruft, wächst von Tag zu Tag. Doch wie groß ist dieses Risiko wirklich? Und von welchen Gefahren sollten wir unbedingt wissen? In unserem aktuellen Themenmonat dreht sich alles um künstliche Intelligenz. In diesem Artikel stellt euch das SOFA Magazin je drei Risiken und Gefahren der KI für unseren akademischen und beruflichen Alltag vor.
Gefahren der KI im Studium
- Abhängigkeit von KI-Tools
Die zunehmende Verfügbarkeit von KI-gestützten Tools wie Textgeneratoren, automatisierten Übersetzungsdiensten und Lernplattformen bietet Studierenden eine Vielzahl von Hilfsmitteln, um ihr Studium effizienter zu gestalten. Einen genaueren Einblick in die nützlichen Tools gewährt euch das SOFA Magazin noch in den kommenden Wochen. Tools wie ChatGPT können in Sekundenschnelle komplexe Texte generieren, Zusammenfassungen erstellen oder sogar wissenschaftliche Arbeiten schreiben. Doch diese Bequemlichkeit birgt auch Risiken. Studierende könnten sich mehr und mehr auf solche Technologien verlassen und dadurch die Entwicklung zentraler akademischer Fähigkeiten vernachlässigen. Schließlich ist eine essenzielle Kompetenz, die man im Studium erlernt, die Fähigkeit des kritischen Denkens. Übernimmt eine KI stets erste Denkanstöße, oder sogar ganze Arbeitsprozesse, könnte es zu einer Gewohnheit werden und wichtige Skills werden verlernt oder sogar nie erlernt.
Kompetenzen wie selbstständiges Denken, Analysieren und Problemlösen drohen also verloren zu gehen, wenn KI-basierte Lösungen den Lernprozess dominieren. Anstatt eigenständig Informationen zu recherchieren und kritisch zu bewerten, könnten Studierende Gefahr laufen, KI-generierte Inhalte einfach zu übernehmen, ohne deren Qualität, Wahrheitsgehalt oder Relevanz zu hinterfragen. Wenn solche Prozesse übernommen werden, wird unser Gehirn weniger gefordert und wir haben schlichtweg auch weniger Übung. Das Resultat wäre demnach, dass Studierende ihre eigenen Schreibfähigkeiten und Argumentationsstrukturen weniger trainieren. Langfristig könnte dies dazu führen, dass sie Schwierigkeiten haben, tiefgründige, eigenständige Texte zu verfassen, was sowohl in der akademischen als auch in der beruflichen Welt zum Nachteil werden kann. Besonders problematisch wird es, wenn Studierende diese Tools nutzen, ohne das zugrundeliegende Wissen zu verstehen oder die Inhalte kritisch zu hinterfragen. Der Missbrauch von KI könnte somit eine Generation von Lernenden heranbilden, die zwar schnell auf Lösungen zugreifen kann, jedoch wichtige Fähigkeiten im wissenschaftlichen Arbeiten einbüßt.
2. Automatisierte Bewertungen
Automatisierte Bewertungssysteme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, werden zunehmend in Universitäten eingesetzt, um Prüfungen und Hausarbeiten effizienter zu bewerten. Solche Systeme bieten den Vorteil, dass sie große Mengen an Aufgaben in kürzester Zeit analysieren und bewerten können. Obwohl sie bei der Bewertung entlasten können, sind sie aber auch anfällig für Ungenauigkeiten und Verzerrungen. Eine der größten Gefahren liegt darin, dass KI-Algorithmen Schwierigkeiten haben, nuancierte oder unkonventionelle Antworten richtig zu interpretieren. Kreativität, individuelle Argumentationsweisen und originelle Denkansätze werden von den Maschinen nicht in ihrer Tiefe erfasst. KI-Modelle basieren auf Trainingsdaten, die meist auf allgemeinen Mustern und Standards beruhen. Wenn Studierende also von diesen Mustern abweichen, beispielsweise durch kreative Herangehensweisen oder durch für eine KI unbekannte Perspektiven, könnten die Arbeiten falsch oder negativ bewertet werden, obwohl sie inhaltlich wertvoll und gut durchdacht sind. Es wurde festgestellt, dass automatisierte Systeme tendenziell „mittelmäßige“ Essays bevorzugen, während besonders kreative oder nicht standardisierte Arbeiten schlechter bewertet werden, da die KI kreative Ansätze oft nicht versteht oder anerkennt.
Ein weiteres Problem automatisierter Bewertungen ist die fehlende menschliche Interaktion, die gerade im akademischen Kontext von großer Bedeutung ist. Sprich das Feedback von Dozierenden, das oft entscheidend für die persönliche und fachliche Weiterentwicklung von Studierenden ist. Diese Möglichkeit fällt bei rein KI-gestützten Systemen weg. Studierende erhalten möglicherweise eine Bewertung, verstehen aber nicht, warum ihre Argumentation als falsch oder weniger überzeugend eingestuft wurde. Dies führt nicht nur zu Frustration, sondern behindert auch den Lernprozess, da die Reflexion und der Dialog entfallen.
3. Chancenungleichheit
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bildungsbereich birgt die Gefahr, bestehende Ungleichheiten zu verschärfen, insbesondere wenn nicht alle Studierenden denselben Zugang zu hochwertigen Technologien haben. Dieser Umstand verstärkt die sogenannte „digitale Kluft“ – ein Begriff, der beschreibt, wie technologischer Fortschritt den Zugang zu Bildung für verschiedene gesellschaftliche Schichten unterschiedlich beeinflusst. Studierende aus wohlhabenderen Verhältnissen, die Zugang zu leistungsstarken Computern, schneller Internetverbindung und moderner Software haben, profitieren somit erheblich mehr von KI-gestützten Lernplattformen und Tools. Dies ermöglicht ihnen, schneller und effizienter zu lernen, während Studierende aus ärmeren Verhältnissen nicht dieselben Chancen haben.
Das Problem wird deutlich, wenn man den Zugang zu Technologien und KI-Tools als Voraussetzung für den Erfolg in modernen Bildungssystemen betrachtet. Wer keine leistungsfähige Hardware oder stabile Internetverbindungen hat, kann Lernplattformen oft nicht effektiv nutzen, was zu schlechteren Ergebnissen und einer insgesamt schlechteren Bildungserfahrung führt. Während das Phänomen der digitalen Kluft nichts Neues ist, verstärkt die KI langfristig diese Chancenungleichheit. Denn in einem digitalen Umfeld, das zunehmend von KI-Technologien dominiert wird, könnten große Teile der Studierenden benachteiligt werden.
KI-Bedrohungen für das Berufsleben
- Arbeitsplatzverlust
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Automatisierung von Aufgaben bringt große Veränderungen im Arbeitsalltag mit sich, insbesondere im Hinblick auf den Verlust von Arbeitsplätzen. KI ist insbesondere dazu in der Lage, repetitive und regelbasierte Tätigkeiten zu übernehmen, die bisher von Menschen ausgeführt wurden. Besonders stark betroffen sind davon Sektoren wie Verwaltung, Produktion, aber auch kreative Berufe. Dies führt zu einer Verschiebung des Arbeitsmarktes und zur Reduzierung von Jobmöglichkeiten in bestimmten Branchen.
In der Verwaltung beispielsweise kann eine KI die Terminplanung, die Datenverarbeitung oder sogar einfache Entscheidungsfindungen effizienter und schneller bewältigen als Menschen. Dies reduziert den Bedarf an menschlichen Arbeitskräften, was insbesondere im Bereich der Sachbearbeitung oder Datenverarbeitung zu Arbeitsplatzverlusten führen kann. Ein weiteres Beispiel ist die Automatisierung in der Buchhaltung: KI-Systeme können große Mengen von Transaktionen analysieren, Rechnungen bearbeiten und Berichte erstellen, was die Notwendigkeit von Buchhalter:innen in vielen Unternehmen reduzieren könnte.
Auch kreative Berufe bleiben nicht verschont. In Bereichen wie Grafikdesign oder der Content-Erstellung gibt es bereits KI-Tools, die in der Lage sind, einfache Designs zu erstellen, Texte zu verfassen oder sogar visuelle Inhalte zu generieren. Kreative Fachkräfte sollten sich möglicherweise stärker auf spezialisierte und innovative Tätigkeiten konzentrieren, um relevant zu bleiben, da standardisierte und routinemäßige Aufgaben von KI übernommen werden können.
Ein bekanntes Beispiel ist der Einsatz von Chatbots im Kund:innenservice, die einfache Anfragen von Kund:innen automatisiert beantworten und so menschliche Mitarbeiter:innen in Callcentern teilweise ersetzen. Diese Entwicklung hat bereits zu einer Reduzierung von Arbeitsplätzen in diesem Bereich geführt und könnte sich in Zukunft weiter intensivieren oder aber auf andere Branchen ausweiten.
2. Soziale Isolation
Die zunehmende Automatisierung durch KI-Systeme birgt nicht nur die Gefahr des Arbeitsplatzverlusts, sondern könnte auch soziale Interaktionen im Arbeitsalltag erheblich reduzieren. Je mehr Aufgaben von künstlicher Intelligenz übernommen werden, umso stärker könnte das die zwischenmenschliche Kommunikation am Arbeitsplatz einschränken. Dies betrifft insbesondere Routineaufgaben und Kommunikationsprozesse, die durch automatisierte Systeme effizienter, kostengünstiger und schneller abgewickelt werden können. Doch der Preis für diese Effizienz ist der Verlust von menschlichen Beziehungen und der spontanen, kreativen Zusammenarbeit.
Wenn KI-Systeme Kommunikations- und Koordinationsaufgaben übernehmen, wie zum Beispiel automatisierte E-Mail-Beantwortung oder das Planen von Meetings, reduziert sich der direkte Austausch zwischen Kolleginnen und Kollegen. Das würde dazu führen, dass wichtige informelle Gespräche oder gemeinsame Denkprozesse, die in Büros oft spontan entstehen und zur Förderung von Teamarbeit und Kreativität beitragen, seltener werden. Die soziale Isolation der Mitarbeitenden nimmt folglich zu. Besonders problematisch wird dieser Umstand, wenn der persönliche Austausch unter Kolleg:innen bereits durch Remote-Arbeit eingeschränkt ist.
3. Sicherheitsrisiken und Cyberangriffe
Die zunehmende Integration von Künstlicher Intelligenz in Unternehmensinfrastrukturen bringt außerdem erhebliche Sicherheitsrisiken mit sich. KI-Systeme, die für das Management sensibler Daten und Prozesse verantwortlich sind, können anfällig für Cyberangriffe sein. Wenn diese Systeme von Hackern manipuliert werden, kann das zu schwerwiegenden Folgen führen, darunter Datenlecks, Sicherheitsverletzungen und erhebliche finanzielle Verluste.
Ein zentrales Problem besteht darin, dass Angreifer:innen KI-Algorithmen so beeinflussen können, dass sie falsche Entscheidungen treffen oder sensible Informationen preisgeben. Darüber hinaus kann KI dazu genutzt werden, Deepfakes zu erstellen oder falsche Identitäten zu generieren, was nicht nur die Sicherheit von Unternehmen, sondern auch das Vertrauen in digitale Kommunikationsmittel gefährdet. Solche Technologien können für Phishing-Angriffe oder zur Manipulation von Unternehmensdaten eingesetzt werden, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Reputation eines Betriebs hat.
Die Sicherheitsrisiken, die mit der Nutzung von KI verbunden sind, erfordern daher eine ständige Wachsamkeit und Investitionen in robuste Sicherheitsmaßnahmen. Unternehmen müssen nicht nur ihre Technologie ständig aktualisieren, sondern auch Schulungen für Mitarbeiter:innen anbieten, um das Bewusstsein für die Gefahren von Cyberangriffen zu schärfen.
Wenn man all diese Gefahren, die KI mit sich bringt, betrachtet, wird deutlich, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Technologien unerlässlich ist. Bildungseinrichtungen und Unternehmen stehen in der Pflicht, nicht nur die Vorteile der Automatisierung und digitalen Hilfsmittel zu nutzen, sondern auch sicherzustellen, dass die Entwicklung kritischer Fähigkeiten und die Förderung menschlicher Interaktion im Vordergrund stehen. Nur so können wir sicherstellen, dass die vermehrte Nutzung von Künstlicher Intelligenz nicht auf Kosten der sozialen und emotionalen Dimensionen unserer Arbeits- und Lernumgebungen geht.
P.S. das Bild zum Artikel wurde auch von einer KI gestellt – ziemlich kreativ, oder?
Quellen:
Hochschulforum Digitalisierung (2021)
IU – Internationale Hochschule (2024)
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2024)
Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme (2024)
Roland Berger (2021)
Basic Thinking (2024)