Das haben der ehemalige Vizekanzler Wilhelm Molterer, Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina, die leider schon verstorbene Historikerin Erika Weinzierl, Kurier-Herausgeber Helmut Brandstätter und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gemeinsam? Sie alle waren in jungen Jahren als Studentenvertreter aktiv. Allerdings war keiner der genannten Herrschaften Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft.
Eine Position, in der man das politische Handwerk von der Pike auf lernt. Als oberster Vertreter von mehr als 300.000 Studenten ist man überdies bereits in jungen Jahren gut vernetzt. Kurzum, man erscheint geradezu prädestiniert für höhere Weihen, wie geschaffen für eine spektakuläre (Polit-)Karriere. Allein, eine solche blieb den meisten ÖH-Vorsitzenden letztendlich doch verwehrt.
Sofa machte den ultimativen Test, ebenso simpel wie überzeugend: den Wikipedia-Check. Die Frage dazu lautet: Wie viele der bislang 50 ÖH-Vorsitzenden, die seit dem Jahr 1946 die Geschicke der Österreichischen Studentenvertretung gelenkt haben, haben es auf einen eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht? Die Antwort ist ebenso überraschend wie ernüchternd: Es sind gerade einmal acht (siehe Screenshot der Wikipedia-Tabelle).
Zugegeben, man kann auch ohne einen Wikipedia-Eintrag durchaus Erfolg gehabt haben im Leben, privat sowieso, aber auch beruflich. Und tatsächlich braucht man sich um ehemalige ÖH-Vorsitzende auch nicht zu sorgen. Sie wurden Bezirksvorsteher, Unternehmensberater oder, wie Agnes Berlakovich im Vorjahr, Leiterin der MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht), eine rund 800 MitarbeiterInnen zählende Abteilung der Wiener Landesregierung.
Apropos: Jene Frau Berlakovich übernahm 1995 als erste Frau den Vorsitz der Österreichischen Hochschülerschaft (deren Name wurde erst 2005 in Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft gändert, wie die Interessenvertretung der Studenten heute gendergerecht heißt). Gleichzeitig war es auch das erste Mal, dass eine nicht-konservative Fraktion ans Ruder gelangte: Berlakovich war Vertreterin des Verbands Sozialistischer Student_innen in Österreich (VSStÖ).
LINZER CONNECTION
In der absoluten Top-Liga des Landes aber, als Bundesminister, Kanzler oder auch als CEO eines Großkonzerns, führt an Wikipedia kein Weg vorbei. Das zeigt Josef Stockinger, einer der wenigen ehemaligen Bundesvorsitzenden mit Wiki-Eintrag und seines Zeichens Vorstandsvorsitzender der Oberösterreichischen Versicherung AG. Stockinger wurde seinerzeit von Wilhelm Molterer beim Studentenbund angeworben. Molterer war Vorsitzender der Linzer Hochschülerschaft und beide studierten an der Johannes Kepler Universität.
Und das zeigen auch die eingangs erwähnten Herrschaften, die nämlich eine weitere Gemeinsamkeit haben: Molterer, Lacina, Wrabetz und Co. haben nämlich allesamt sehr wohl einen Wikipedia-Eintrag, der ihren Werdegang beschreibt. Insofern ist die Zahl von nur acht aus 50 bei den Bundesvorsitzenden dann doch ernüchternd. Aber wer weiß, vielleicht ist man nach einer Amtszeit an der Spitze der Studentenvertretung und vielen Frust-Erlebnissen auch nur für immer geheilt von den Mühen der Politik.