Sie liegen den ganzen Tag verpeilt auf der Couch, sind ständig nur am Feiern und stehen durch den dadurch verursachten Kater frühestens gegen zwölf Uhr auf: Die Rede ist von Student:innen. Oder viel mehr von Student:innen-Klischees.
Um eines direkt klarzustellen, diese Beschreibung steht selbstverständlich in keinem Duden. Doch es beschreibt das Bild, was viele Menschen in unserer Gesellschaft noch heute von uns haben. Mit anderen Worten zusammengefasst, werden Student:innen meist als faule, desorientierte Menschen gesehen, welche durch ihre Naivität noch nicht den Ernst des Lebens erkannt haben.
Stimmt doch, würden jetzt die einen sagen. Student:innen wissen doch gar nicht, was noch alles auf sie zukommt. Viel lieber wollen sie in Ruhe ihr Bier trinken. Und wenn Arbeit, dann doch bitte höchstens Teilzeit, damit noch genügend Zeit zum Entspannen bleibt. Und tatsächlich stimmen diese Punkte. Teilzeit wird immer beliebter für junge Menschen. Und der Ausgleich zur Arbeit ebenso. Themen, wie Freizeit und Work-Life-Balance spielen eine immer größere Rolle. Dass das aber andere Gründe als Faulheit hat, sollte vielleicht auch nochmals geklärt werden.
Stereotypen gibt es leider noch immer
Stereotype an sich sind tief in unserem Denken verwurzelt. Der amerikanische Publizist und Journalist Walter Lippmann sprach bereits davon, dass wir Menschen schon vorkonzipierte Bilder unserer Mitmenschen in den eigenen Köpfen hätten. Somit ist ein Teil unserer Meinung schon voreingenommen beeinflusst. Das trifft auch auf die Wahrnehmung gegenüber Student:innen zu. So scheint es, als würde diese Art und Weise zu denken gerechtfertigt sein. Ist sie aber nicht!
Generation Z und ihre Ansprüche
Schauen wir uns einmal die Generation Z der Student:innen genauer an. Diese Generation umfasst alle Menschen, die seit dem Jahr 1995 geboren wurden. Besonders viele Student:innen lassen sich zur Zeit dieser Altersgruppe zuordnen. Das sich die Bedürfnisse und Erwartungen junger Menschen an zukünftige Arbeitsplätze bzw. Arbeitsgeber:innen ändern, ist nichts Neues. Stichwort Work-Life-Balance. Dieser Begriff führt bei der einen Generationen zu Kopfschütteln und löst Unverständnis aus. Gleich nach dem Motto: Von nichts kommt nichts. Dabei geht es gar nicht darum, das möglichste Minimum an Arbeit zu errichten. Das Thema ist viel mehr Grenzen zu setzen und auf das eigene Wohlbefinden zu achten. Und das bevor Körper und Psyche einen Schlussstrich ziehen. Die Weltgesundheitsorganisation zählt Burn-out zu einem der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts. Und was ist schon verwerflich daran, neben der Arbeit genügend Zeit für Hobbys, Freizeit oder sich selbst zu haben? Und ja, vielleicht sind viele Studierende was ihre Zukunft und ihr Arbeitsleben betrifft, noch unschlüssig und desorientiert. Aber zu wissen, was man eben nicht möchte, zeigt auch Stärke, Bewusstsein und eine gewaltige Portion an Selbstwertschätzung.
Es steckt oft viel mehr hinter den Klischees
Auch der Vorwurf der Perspektivlosigkeit beziehungsweise der Naivität gegenüber der „echten“ Arbeitswelt sollte nicht unkommentiert stehengelassen werden. Das Prinzip des Studierens unterscheidet sich maßgeblich von dem der Schule. Wer nach der Matura die ersten Tage und Wochen als frisch gebackener Ersti an einer Universität verbringt, dem wird schnell auffallen, dass einem dort nichts in die Wiege gelegt wird. Zu studieren bedeutet, sich zu organisieren. Wer hätte damals in der Schulzeit gedacht, dass einem vorgeschriebene Stundenpläne mal fehlen würden? Student:innen müssen sich oft selbst zurecht finden. Kurse müssen rechtzeitig, im Rahmen der vorgegeben Fristen ausgesucht, eingehalten und zeittechnisch abgestimmt werden. In der Realität braucht es dafür ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Zwei Eigenschaften, ohne die man im Laufe eines Studiums nicht weit kommen wird und die einem auch für das spätere Arbeitsleben helfen werden.
Klischees der Respektlosigkeit stimmen einfach nicht
Die ältere Generation betont gegenüber der jüngeren Generation immer wieder sie hätte keinen Respekt im Umgang mit ihren Mitmenschen. Aber ist es denn umgekehrt überhaupt der Fall? Respekt und Wertschätzung zeigen sich nicht nur mit Worten, sondern vielmehr mit Taten. Und die Tatsachen sprechen für sich. Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, welche gesellschaftliche Gruppe besonders durch die Politik vernachlässigt wird. Es gab kein Wort darüber, wie die Lehre an den Universitäten weitergehen würde, kein Wort darüber, wie junge Menschen finanziell zusätzlich unterstützt werden könnten. Und was haben die Student:innen aus der Situation gemacht? Sie lagen nicht die ganze Zeit betrunken vom Feiern im Bett. Nein, sie saßen stundenlang vor den Laptops, gaben sich alle Vorlesungen online und haben einen Weg gefunden, das Semester erfolgreich zu meistern.
Doch diesen Ehrgeiz und dieses Durchhaltevermögen sehen die meisten außenstehenden Menschen leider nicht.
Der Stillstand in der Welt, die Sorge um die Liebsten und die Ungewissheit über die Zukunft haben auch dazu geführt, dass sich die mentale Gesundheit junger Menschen enorm verschlechtert hat. Laut einer Umfrage der Studi-Plattform „Studo“ des letztens Jahres, fühlten sich die überwiegende Mehrheit durch die Isolation und fehlende soziale Kontakte enorm belastet und allein gelassen. Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit begleiten die Studierenden in ihrem Alltag.
Klischees zwischen den Generationen
Unstimmigkeiten zwischen der Generation Z und anderen Generationen entstehen allein schon durch die unterschiedlichen Ziele und Erwartungen an die eigene Lebensgestaltung. Ist die Frage, ob es sich tatsächlich nur um ein Missverständnis zwischen den Generationen handelt oder eher um fehlendes Verständnis allgemein? Das Student:innen-Klischee in unseren Köpfen sollte dringend erneuert werden. Vorurteile begegnen uns (leider) in jeder Lebensrealität immer wieder. Würden wir diese durch Verständlichkeit und Interesse ersetzen und dadurch einen Raum für Austausch schaffen, so würden die Fronten zwischen Studierenden und der Außenwelt zumindest für einen Moment ein wenig gelockert werden. Dann würde sich das Bild des faulen Studierenden von nebenan in den Köpfen der Mitmenschen auflösen – denn wir sind nicht nur verpeilt und naiv, sondern oft steckt in uns Student:innen viel mehr.
Wir haben auch die drei bekanntesten Klischees über Studierende der Generation Z unter die Lupe genommen.