Person zockt am Computer Minecraft

Stressbewältigung in einer fremden digitalen Welt

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Österreichischen und deutschen Student:innen geht es in ihrem Studium immer schlechter. Doch Gaming leistet Abhilfe beim Studienstress und fördert sogar bestimmte Fähigkeiten.   

Die Klausurenphase steht bevor und es wurde noch nicht genug gelernt oder die Deadline für die Semesterarbeit rückt immer näher. Der Stresspegel steigt und die Student:innen haben verschiedenste Arten diesen zu senken. Viele treffen sich mit Freund:innen, Lesen oder gehen in die Natur. Es gibt aber noch andere Arten Abhilfe zu schaffen.  Valentin ist Student für Medizin und erzählt welche Methode es noch gibt, um Stress zu bewältigen. Viele Student:innen haben ein Problem mit Stress und laut dem Mental-Health-Barometer 2023 von Studo, einer Studierenden App – und Instahelp, einer Plattform für psychologische Onlineberatung, gaben 81 Prozent der Befragten Studenten und Studentinnen an, dass sie sich durch ihr Studium gestresst fühlen. Wobei weibliche Studentinnen stärker unter mentalen und physischen Belastungen leiden, als ihre männlichen Kommilitonen. 

Doch wie bewältigen die Studierenden den Stress? Viele nutzen die oben genannten Methoden, doch Valentin macht das einfach durch das Spielen von Videospielen. Er nutzt Gaming, um dadurch den Stress zu reduzieren und einfach mal abzuschalten. Zwar lernt er auch am Computer, hat aber bei den monotonen Lernprinzipien nach einer gewissen Zeit eine „Knopf Frustration“. Beim Gaming muss er mehr leisten. Es erfordert in jeder Situation eine individuelle Reaktion, die mehr als nur einen Knopfdruck benötigt.  

Für Valentin ist aber nicht nur das Gaming ein Stressausgleich, sondern auch regelmäßiger Sport – er achtet auf einen Ausgleich zwischen digitaler und realer Welt. „Zugegeben, wenn ein Tag außerordentlich stressig war, ist Gaming bei mir anschließend selten das Mittel der Wahl. Aber nach einem üblichen Tag in der Bibliothek oder an der Uni mit anschließendem Werkstudent:innen Job, tut es sehr gut, sich nochmal aus freiem Willen an den Computer zu setzen und einfach die Gedanken baumeln zu lassen“, sagt Valentin und mit dieser Meinung ist er nicht alleine. 

Die East Caroline University hat 2009 eine Studie herausgebracht, in der das Spielen von Videospielen eine signifikante Auswirkung auf die Stimmung der Spieler und Spielerinnen hatte. Das Spielen verändert den Puls und hat damit Auswirkungen auf die Gehirnwellen, welche die Stimmung verbessert. Nicht nur kann damit Stress reduziert oder Wartezeiten überbrückt werden, es besteht sogar die Möglichkeit dabei etwas zu lernen. Viele wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass durch Gaming die kognitiven Fähigkeiten, wie logisches oder strategisches Denken verbessert werden können. Bestimmte Spiele bieten Rätsel, welche komplexe Lösungsstrategie erfordern und somit spezielle Gedankengänge anreizen. Natürlich muss erwähnt werden, dass nicht jedes Videospiel diese Spielmechaniken besitzt. Es gibt viele Spiele, die einfach nur der Unterhaltung dienen. 

Dr. Ben Strobel ist Medienpsychologe bei game campus, behind the screens und Dozent an der Hochschule Heidelberg. Laut ihm ist Gaming grundsätzlich eher eine aktivierende Beschäftigung die häufig stressähnliche, körperliche Reaktionen auslöst, wobei es aber auf verschiedene Faktoren ankommt. Das Genre, die Art des Spiels, wie viel gespielt wird, welche Vorerfahrungen die Person hat und viele weitere. In einer Studie der National Library of Medicine geht hervor, dass bei einem Puzzle Spiel der Stress gesunken und bei actionreicheren Spielen gestiegen ist. Zusätzlich können neue Spiele mehr kognitive Fähigkeiten beanspruchen, da die neue Umgebung erst erlernt werden muss, dies wirkt sich auch auf das Stresslevel aus. Wenn ein:e Spieler:in bei einem neuen Spiel viel Frust erlebt, hilft das nicht bei dem Stressausgleich, sondern bewirkt eventuell das Gegenteil. Wenn ein Spiel beim Stressabbau helfen soll, müsste es vermutlich eher ruhig als actionreich und eher vertraut als neu sein. 

Es müssen aber auch die etwas dunkleren Seiten des Gaming beleuchtet werden. Auch wenn laut Dr. Strobel eine bestimmte Anzahl von Spielstunden nicht direkt als schädlich genannt werden kann, so müssen doch bestimmte Faktoren beobachtet werden, ab wann ein Spieler oder eine Spielerin in die Computerspielabhängigkeit rutscht. Sollte das reale Leben vernachlässigt oder soziale Kontakte verdrängt werden, können das Anzeichen für eine suchtartige oder risikohafte Nutzung sein. Im Endeffekt ist es wichtig das die Spieler und Spielerinnen ihr Spielverhalten kontrollieren können. Es wird bei einer Computerspielsucht aber auch Hilfe angeboten. gesundheit.gv.at liefert auf ihrer Webseite Beratung & Hilfe.   

Jedoch können Spiele auch positive Eigenschaften auf das Studium haben. Laut Dr. Strobel können sich Spiele, welche Ähnlichkeit zu Aufgaben im Studium aufweisen, positiv auf das Studieren auswirken oder Fähigkeiten wie Zusammenarbeit, Kooperation, algorithmisches Denken oder räumliche Vorstellung trainieren. Dennoch kommt es dabei sehr auf das Spiel an.  

Gaming ist mittlerweile in der Gesellschaft etabliert und von unseren Elektronik Geräten gar nicht mehr weg zu denken. Laut dem Standard zocken 5,8 Millionen Österreicher und Österreicherinnen. Es bieten sich auch immer mehr Gelegenheiten kurz sein Smartphone rauszuholen und bei der Busfahrt oder im Wartezimmer eine Runde zu spielen. Bei der Mobile Gaming Studie von A1 Esports haben von den 1.015 Befragten nur 28 Prozent angegeben, dass sie keine Spiele spielen. Das größte Medium fürs Zocken ist das Smartphone. Die Befragten gaben an, das 39 Prozent am Handy und nur 17 Prozent am Computer spielen. 

Doch Gaming kann auch noch zur Sozialisierung dienen. Valentin studiert im Ausland und hat daher nicht die Möglichkeit mit seiner Freundesgruppe, in Deutschland, an den See zu fahren oder am Abend feiern zu gehen. Er nutzt Gaming als Weg, um mit seinen Freund:innen in Kontakt zu bleiben. Durch die Online und Ko-op (Kooperativ) Funktionen der Spiele wird es somit möglich, trotz weiter Entfernung zusammen das Spiel zu spielen und unvergessliche Momente zu erleben. 

Abschließend kann gesagt werden: Gaming hat sich zu einem wichtigen Teil unserer Gesellschaft entwickelt und ist für viele Österreicher und Österreicherinnen ein alltägliches Hobby. Es werden mehr Studien benötigt, die die Vorteile sowie Nachteile des Gamings in Bezug auf soziologische Aspekte erforschen, um zu helfen diese Strukturen besser zu verstehen und vor Risiken zu warnen.